H-LAM/T
vgl. [Gehrke98, S.159f]

H-LAM/T bezeichnet genau genommen kein Hypertext-System, sondern ist die Abkürzung von "Human using Language, Artifacts, Methodology, in which he is Trained" [Engelbart62, S.7]. Bezeichnet wird damit der Mensch im Hinblick auf sein Vorgehen beim Lösen von Problemen. Dieser greift beim Problemlösen auf eine Prozeß-Hierarchie zurück, also auf Handlungen, die jeweils aus Handlungen untergeordneter Ebenen zusammengesetzt sind. Letztendlich basieren alle Prozesse auf physikalischen Prozessen, die mit den Elementarteilchen zusammenhängen. [Engelbart62, S.6f+18]. Um seine Effektivität beim Problemlösen zu steigern, benutzt er - entsprechend LAM/T - Artefakte zum Bearbeiten von Materialien und Symbolen, Sprache als Mittel, um seine Wahrnehmung konzeptuell zu strukturieren und mit diesen Konzepten umzugehen, Methodologie in Form zielorientierter Vorgehensweisen zum Lösen von Problemen und Training in Form von Konditionierung, um seine Effektivität beim Einsatz von Artefakten, Sprache und Methodologie zu steigern. [Engelbart62, S.5f]. Artefakte, Sprache, Methodologie und Training werden dabei als Mittel zur Intelligenzverstärkung ("augmentation means", "amplifier of human's intelligence") bezeichnet [Engelbart62, S.5+11].

Veränderungen in einem Teil der Prozeß-Hierarchie können weitreichende Folgen in der gesamten Hierarchie haben: Veränderungen in untergeordneten Ebenen ermöglichen neue übergeordnete Prozesse. Auf deren Grundlage können übergeordnete Ebenen wesentlich umstrukturiert werden. Neue Prozesse auf übergeordneter Ebene können vorher ungenutzte latente Veränderungsmöglichkeiten auf untergeordneten Ebenen freisetzen. [Engelbart62, S.8f]

So läßt sich die Effektivität von Menschen, die beruflich am Lösen von Problemen arbeiten, ("professional problem-solvers") gravierend steigern, wenn ihnen digitale Computer für den persönlichen Gebrauch bereitgestellt werden [Engelbart62, S.9f]. Um diese Entwicklung - zu mehr persönlicher Effektivität und von digitalen, persönlichen Computern - zu beschleunigen, fordert und skizziert [Engelbart62, S.10+63-70] ein umfangreiches Forschungsprogramm. Die Zielrichtung dieser Entwicklung stellt [Engelbart62] folgendermaßen dar:

Der persönliche, digitale Computer soll nicht, wie damals weitgehend üblich, im "batch"-Betrieb mit Ausgabe über einen Fernschreiber [JRVSIBM89, S.20], sondern "online", mit Ausgabe auf Röhrenbildschirmen und Eingabe über Tastatur und Lichtgriffel ("light pen") betrieben werden. Die Bildschirme sollen fast horizontal in Schreibtische eingelassen werden und so an die Stelle von Papier treten. Die Tastatur soll aus 2 getrennten Tastenfeldern links und rechts neben den Bildschirmen bestehen - eines für die linke und eines für die rechte Hand. [Engelbart62, S.2+9f+14+39-43]. Das Computer-System soll die flexible Bearbeitung von Text und Diagrammen vor den Augen des Anwenders ermöglichen [Engelbart62, S.10+14+42-45]. Die mit dem Computer bearbeiteten Symbole von Konzepten sollen in kleine Portionen aufgeteilt werden, die jeweils einzelne Argumente darstellen. Zwischen und in diesen Argumenten soll der Anwender Verknüpfungen herstellen können. Dem Anwender sollen auf einem Monitor ausgewählte Details und auf einem weiteren Monitor daneben eine größere Ansicht des Netzes als Darstellung aus Linien und abgekürzten Knoten-Namen mit einer Markierung des ausgewählten Detail-Ausschnittes angezeigt werden. [Engelbart62, S.45-49]. Externe Quellen können mit Hilfe eines "optical character reader"'s in das System eingegliedert werden [Engelbart62, S.51]. Auch die gemeinsame Bearbeitung solcher netzartiger Materialien innerhalb von Arbeitsgruppen soll vom System unterstützt werden:

"If any two want to work simultaneously on the same material, they simply duplicate and each starts reshaping his version - and later it is easy to merge their contributions." [Engelbart62, S.58]

Nicht näher charakterisierte, aber in der alltäglichen Arbeit praktikable Verfahren zur syntaktisch und semantisch weitgehend eindeutigen Eingabe von englischer Sprache sollen eingesetzt werden [Engelbart62, S.59f]. Auf dieser Grundlage soll die Software des Computers u.a. automatisch Fragen beantworten, Vorschläge für Begriffsdefinitionen machen und Bedeutungswiederholungen innerhalb einer komplexen Argumentation erkennen können [Engelbart62, S.53+57+60f].


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Letzte Änderung 30.12.2008 - © Achim Gehrke
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